Verwaiste Werke – Die verlassenen Kinder der geistigen Schöpfung

Von Nicole P.

Letzte Aktualisierung am: 11. Oktober 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Das Urheberrecht schützt die Verbindung zwischen dem Schöpfer und seinem Werk, indem es zum Beispiel eine Verwertung nur mit dem Einverständnis des Rechteinhabers erlaubt. Ist es allerdings nicht möglich, den Urheber oder seine Erben zu identifizieren, schließt dies auch eine erneute Veröffentlichung aus. So können verwaiste Werke in Vergessenheit geraten und das geistige Eigentum für die Gesellschaft verloren gehen.

Verwaiste Werke: Für eine mögliche Verwertung sind die Inhalte meist verloren.
Verwaiste Werke: Für eine mögliche Verwertung sind die Inhalte meist verloren.

FAQ zu den verwaisten Werken

Gibt es eine Möglichkeit, damit ich verwaiste Werke dennoch nutzen kann?

Sind verwaiste Werke aufgrund der Digitalisierung verfügbar, dürfen Sie diese ansehen bzw. anhören. Eine kommerzielle Nutzung ist allerdings nicht möglich.

Ist durch die Regelung der EU das Problem der verwaisten Werke nicht gelöst?

Leider verfügen viele Institutionen nicht über die finanziellen Mittel, welche für eine umfassende Recherche und die Digitalisierung notwendig sind. Aus diesem Grund bleibt auch weiterhin eine Vielzahl von Werken für die Gesellschaft unzugänglich.

Gibt es alternative Lösungen für den Umgang mit verwaisten Werken?

In Kanada unterliegen verwaiste Werke zum Beispiel einer Zwangslizenz, aufgrund der die Nutzung gegen die Zahlung von Lizenzgebühren möglich ist. Diese Einnahmen verwaltet eine Behörde treuhänderisch.

Was sind verwaiste Werke?

Um verwaiste Werke zu veröffentlichen, wird eigentlich das Einverständnis des Urhebers benötigt.
Um verwaiste Werke zu veröffentlichen, wird eigentlich das Einverständnis des Urhebers benötigt.

Ist es trotz intensiver Suche nicht möglich, den Urheber oder den Rechteinhaber von einem Werk zu identifizieren, gilt dieses als verwaist. Problematisch sind diese – im Englischen auch als „orphan works“ bezeichneten – Schöpfungen vor allem dann, wenn eine mögliche Verwertung erdacht ist. Denn diese bedarf der Zustimmung des Rechteinhabers.

Für verwaiste Werke kann dieses Nutzungsrecht in der Regel nicht eingeholt werden, weshalb die Inhalte nicht selten in Vergessenheit geraten und für den Kulturbetrieb und die Gesellschaft verloren gehen. Eine Verwertung ist in diesen Fällen nämlich meist erst möglich, wenn die Schutzdauer des Urheberrechts70 Jahren nach dem Tod des Urhebers – abgelaufen ist.

Gemäß § 61 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) umfasst der Begriff „verwaiste Werke“ die veröffentlichten Inhalte aus Büchern, Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie wie Filmwerke und Musik. Diese befinden sich in der Regel im Besitz von öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken, Museen oder Archiven.

Haben Sie verwaiste Werke ohne die Zustimmung eines Rechteinhabers verwertet, kann dies zu Sanktionen – wie einer Abmahnung – führen, wenn sich die Rechteinhaber zu einem späteren Zeitpunkt melden.

Gesetzesänderung zur Nutzung verwaister Werke

Durch die Digitalisierung bleiben verwaiste Werke wie Filme erhalten.
Durch die Digitalisierung bleiben verwaiste Werke wie Filme erhalten.

Die Europäische Union einigte sich im Oktober 2012 auf die Richtlinie 2012/28/EU für verwaiste Werke, durch welche eine Nutzung dieser Inhalte möglich ist. Dafür wurde unter anderem die „Orpahn Works Database“ (zu deutsch „Datenbank verwaister Werke“) ins Leben gerufen, welche als europaweites Register fungiert.

Auf der Grundlage der europäischen Richtlinie erfolgte zudem eine Anpassung des UrhG. Dadurch ist es Institutionen wie Bibliotheken, Bildungs­einrichtungen, Museen oder Archive möglich, die Berechtigung zur Digitalisierung der Werke zu erhalten.

Dafür müssen sie allerdings folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Sorgfältige Recherche nach den Rechteinhabern
  • Dokumentation der Rechercheergebnisse und Eintragung in das Register vergriffener Werke des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA)
  • Digitalisierung darf keinen kommerziellen Zweck verfolgen
Wird zu einem späteren Zeitpunkt der Rechteinhaber gefunden, kann dieser der digitalen Veröffentlichung widersprechen. Zudem ist ggf. ein gerechter Ausgleich für die Verwertung zu zahlen.

Verwaiste Werke – kurz und kompakt

Als verwaiste Werke gelten Bücher, Musikstücke oder andere Inhalte, die unter den Schutz des Urheberrechts fallen, bei denen der Rechteinhaber aber nicht zu ermitteln ist. Eine Verwertung ist in diesem Fall nur schwer möglich, weil das Einverständnis dafür nicht vom Urheber eingeholt werden kann.

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Über den Autor

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Nicole P.

Bereits während ihres Studiums der Buchwissenschaft in Mainz entdeckte Nicole ihre Faszination für das Urheberrecht. Seit 2016 verstärkt sie die Redaktion von urheberrecht.de und bringt ihr Wissen zu Urheberrecht, Abmahnung und Gewerblichen Rechtsschutz ein.

6 Gedanken zu „Verwaiste Werke – Die verlassenen Kinder der geistigen Schöpfung

  1. Deniz

    7. März 2019 at 18:07

    Hallo, ich bin freischaffende Künstlerin. Ich wollte wissen wie das mit berühmten alten Kunstwerken ist, z.B. Mona Lisa. Ich wollte sie aus Papmache in 3D nachbauen und würde dasals “ in Anlehnung an die Mona Lisa“ bezeichnen.
    Würde ich damit irgendwelche Rechte verletzen?

    1. urheberrecht.de Beitragsautor

      15. März 2019 at 14:59

      Hallo Deniz,
      grundsätzlich erlischt das Urheberrecht aber 70 jahre nach dem Tod des Urhebers. Welche Auswirkungen dies auf Ihr Vorhaben hat, können wir allerdings nicht einschätzen, da wir keine kostenlose Rechtsberatung geben dürfen.

      Ihr Team von urheberrecht.de

  2. birgit

    11. September 2018 at 14:04

    Sind alt Kinder-Abzählreime, Kinderreime, Merk-Gediche, Kinder-Sprach-Spiele etc. verwaiste Werke?

    1. urheberrecht.de Beitragsautor

      17. September 2018 at 8:09

      Hallo Birgit,
      eine pauschale Antwort ist dazu nicht möglich. Hierbei gilt es immer den Einzelfall zu prüfen.

      Ihr Team von urheberrecht.de

  3. Jimena

    4. September 2018 at 11:38

    Kann ein verwaistes Werk gleichzeitig ein vergriffenes Werk sein?

    1. urheberrecht.de Beitragsautor

      10. September 2018 at 8:35

      Hallo Jimena,
      die Möglichkeit kann grundsätzlich bestehen.

      Ihr Team von urheberrecht.de

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