Der zunehmende Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigt vermehrt auch Gerichte, die sich mit den rechtlichen Fragen rund um intelligente Systeme auseinandersetzen müssen. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt in einem Grundsatzbeschluss die Bedeutung von KI im deutschen Patentrecht geklärt. Erfinder bleibt nach wie vor der Mensch, selbst wenn ein Großteil des Schaffungsprozesses von Maschinen übernommen wurde.
KI als Patentrechtinhaber?
Hintergrund des Beschlusses ist ein Streit zwischen dem Patentamt und dem Entwickler von DABUS; einer KI, die mittels des sogenannten Bootstrapping-Verfahrens eigene Modelle und Berechnungen erstellt und sie selbstständig verbessert.
DABUS entwickelte basierend auf einem im zugeführten Datensatz eine spezielle Lebensmittel- bzw. Getränkeverpackung, die auf schnelles Erhitzen optimiert ist. Bei der Anmeldung des Patents gab der Entwickler deshalb auch den Namen der KI als Erfinder der Verpackung an.
Das Patentamt bestand jedoch darauf, einen Menschen als Erfinder einzutragen und lehnte den Antrag ab. Es kam zum Rechtsstreit.
BGH: Erfinder bleibt immer der Mensch
Nun musste der BGH entscheiden, ob eine KI im Patentrecht als Erfinder angesehen werden kann. Dessen Antwort war relativ eindeutig:
“Erfinder im Sinne von § 37 Abs. 1 PatG kann nur eine natürliche Person sein. Ein
BGH-Beschluss, Az. X ZB 5/22, Randnummer 21.
maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System kann auch dann nicht
als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfügt.”
Weiterhin konkretisiert der BGH, dass “Erfindersein” mehr ist, als nur “das Ergebnis eines tatsächlichen Vorgangs”. Dahinter stehen auch rechtliche Aspekte wie das Erfinderpersönlichkeitsrecht und das Recht auf Patent, welche KI nicht haben können. Auch der im Patenrecht enthaltene Schutz der “Erfinderehre” könne nicht eins zu eins auf Computerintelligenzen übertragen werden.
Andere Gerichte im internationalen Vergleich kommen zu einem ähnlichen Ergebnis wie der BGH. Auch in den USA, Großbritannien, Südafrika, Australien und Neuseeland kommt der KI im dortigen Patentrecht keine Erfindereigenschaft zu.
Menschlicher Beitrag trotz KI erforderlich
Die Bundesrichter argumentieren weiterhin, dass KI zumindest aktuell immer noch vom Menschen abhängig ist. Sie wird (noch) nicht selbstständig tätig, sondern braucht immer entsprechenden Input und Vorgaben, die vom Menschen kommen.
Dass die KI dann den Hauptteil erledigt, ändert nichts an der Mitgestaltungskraft des Anwenders. Der BGH schreibt dazu in seinem Beschluss:
“Ausgehend von diesen Grundsätzen genügt für die Stellung als Erfinder bei einer technischen Lehre, die mit Hilfe eines Systems der künstlichen
BGH-Beschluss, Az. X ZB 5/22, Randnummer 38.
Intelligenz aufgefunden wurde, ein menschlicher Beitrag, der den Gesamterfolg
wesentlich beeinflusst hat.”
Solange der Mensch also einen (Teil-)beitrag zum Endprodukt geleistet hat, kann er auch problemlos als Erfinder eingetragen werden.
Die Zukunft der KI im Patentrecht
Noch können KI also keine Erfinder im deutschen Patentrecht sein. Im DABUS-Fall hat der Entwickler jetzt seinen eigenen Namen beim Patentamt eingetragen und die KI in einem Nebenvermerk als Hilfsmittel erwähnt.
Wie die Rechtslage allerdings in wenigen Jahrzehnten angesichts des rasanten Fortschritts von KI aussehen wird, bleibt noch offen. Gut möglich, dass dann eine Gesetzesänderung oder eine Änderung der Rechtsprechung erforderlich sein wird.